Arno Schmidt, Massenbach & Lilienthal – Ernst Schulze nicht zu vergessen

Arno Schmidt, Massenbach und Lilienthal

und der Briefwechel Heinrich Georg Olbers mit Ernst Schulze

000-lilienthal-arno schmidt-ernst schulze-schroeter-teleskop

Das 27-Fuss-Teleskop in Lilienthal 1794  (heute Telescopium Lilienthal)

»Dieses Lilienthal ist einer der interessantesten Orte!

Zwar die Umgebung – es liegt eine Meile nordöstlich von Bremen, in Richtung der großen Moore – kann wohl nur dem Auge des Kanalbauers reizvoll erscheinen; im Herbst und Winter soll das Land voller Nebel und Rauch sein, und einen wahrhaft finnischen Anblick darbieten. … Herr Harding, der die Güte hatte, mir die Instrumente, zweifellos die größten auf dem Kontinente befindlichen, zu zeigen, bedauerte ebenfalls die Ungunst des Himmels. Umso erstaunlicher sind die Resultate seines Fleißes, von denen er uns einige äußerst schätzbare Blätter eines großen Sternatlas vorwies.« –

So beginnt, im Juni 1801, der preußische Obrist Massenbach  – laut Arno Schmidt –  die Schilderung eines Besuches im Zentrum der bremischen Astronomenschule. Die Sternwarte war die Gründung des dortigen Amtmannes, Hieronymus Schröter, dem vor allem topographische Studien über Planetenoberflächen oblag; folgenreicher jedoch als seine eigenen Arbeiten, war die erste wissenschaftliche Ausbildung von zwei Größeren, Harding und Bessel, die der Vierte im Bunde, der eigentliche geistige Leiter des Instituts, der bremische Arzt Heinrich Wilhelm  Olbers, herangeführt hatte.

Arno Schmidt: Zwei kleine Planeten – ein großer Schüler – 1954 – BA [III/3, 139]

Die Sternwarte in Lilienthal (heute Telescopium Lilienthal)

Im Jahre 1782 wurde der an der Astronomie interessierte Oberamtmann Johann Hieronymus Schroeter im Dienste des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg nach Lilienthal versetzt. Im Garten des Amtshauses richtete er zunächst eine einfache Beobachtungsstation ein. Schroeter war mit der Familie Herschel aus Hannover bekannt und stand in brieflichem Kontakt mit dem in England lebenden Wilhelm Herschel, der 1781 den Planeten Uranus entdeckt hatte. Von Herschel erhielt Schroeter 1784 einen Spiegel mit 12 cm Durchmesser und Okulare, aus denen er ein Spiegelteleskop fertigte. 1786 sandte ihm Herschel einen Spiegel mit 16,5 cm Durchmesser, den er für ein weiteres Teleskop verwendete. Im selben Jahr ließ Schroeter im Amtsgarten ein zweistöckiges Observatorium errichten.

1788 entstand eine zweite Beobachtungsstation, ein achteckiger Holzbau, den er „Urania-Tempel“ nannte. Ab 1792 entwickelte er mit Professor Johann Gottlieb Friedrich Schrader von der Universität Kiel und seinem Gärtner Harm Gefken Verfahren zur Optimierung von metallischen Teleskopspiegeln. Es entstanden Geräte mit sehr guten Abbildungsleistungen, wie ein Teleskop mit 24 cm Öffnung. 1793 begann er mit der Herstellung eines „Riesenteleskops“, das 1794 fertiggestellt wurde. Es besaß eine Öffnung von 50,8 cm und 8,25 m (27 Fuß) Brennweite. Dieses Teleskop machte die Sternwarte Lilienthal weltberühmt und sie wurde fortan von Astronomen, hohen Staatsbeamten und Militärs aller Armeen besucht.

Zusammen mit Franz Xaver von Zach und Heinrich Wilhelm Olbers gründete Schröter 1800 in Lilienthal die Astronomische Gesellschaft.

Ab 1799 reichte Schroeters Gehalt als Oberamtmann nicht mehr für die Unterhaltung der Sternwarte und die Kosten seiner Veröffentlichungen aus. Er schloss daher durch Vermittlung eines Londoner Freundes einen Vertrag mit dem britisch-hannoverschen König Georg III. ab. Danach gingen sämtliche Geräte der Sternwarte für den Preis von 1200 englischen Guineen (nach heutigem Wert etwa 150.000 Euro) in das Eigentum des Königs über. Die Geräte sollten bis zu Schroeters Tod in Lilienthal verbleiben und anschließend an die Universität Göttingen gehen. Schroeter erhielt außerdem eine Rente von 300 Talern sowie 200 Taler zur Unterhaltung eines „Sternwarte-Inspektors“.Inspektor wurde Karl Ludwig Harding, der seit 1796 Schroeters Sohn Johann Friedrich unterrichtete. Harding entdeckte 1804 von Lilienthal aus den dritten Asteroiden Juno. 1805 ging er an die Universität Göttingen. Von 1806 bis 1809 arbeitete Friedrich Wilhelm Bessel als Assistent in Lilienthal. 1809 erhielt Bessel einen Ruf an die Universität Königsberg.

Schroeters ehemaliger Gärtner Harm Gefken nutzte seine erworbenen Kenntnisse und gründete in Lilienthal eine optische Werkstatt zur Herstellung von Spiegelteleskopen, wobei er auch Schroeter belieferte. Im Laufe der Zeit entstanden in Lilienthal bedeutende Arbeiten über den Mond, und die Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Hier entstand auch Schroeters großer Mondatlas „Selenotopographische Fragmente“.

Infolge der napoleonischen Kriege kam Lilienthal 1810 unter französische Verwaltung und Schroeter wurde zwangspensioniert. Seine Bezüge wurden nicht mehr gezahlt, die Gelder aus England waren seit 1806 ausgeblieben. Am 21. April 1813 führten französische Truppen eine Strafexpedition durch und brannten die Ortschaft Lilienthal nieder. Schroeters Amtshaus mitsamt Aufzeichnungen verbrannte. Die Sternwarte blieb zwar verschont, wurde jedoch geplündert. Im November 1813 wurde Schroeter wieder in sein Amt eingesetzt. Da sich sein Gesundheitszustand verschlechterte, ließ er vertragsgemäß alle Instrumente, die vor 1799 gekauft worden waren, nach Göttingen transportieren. 1816 verstarb Schroeter im Alter von 70 Jahren in Lilienthal. Nach seinem Tode verfiel die Sternwarte zunehmend. 1850 wurden die letzten Reste abgerissen. ( Quelle: wikipedia)

000-lilienthal-telescopium-28.11.2015-medaille sternenhimmel - arno schmidt-ernst schulze

Gedenkmadaille zur Eröffnung des „Telescopium“ Lilienthal am 28.11.2015

Link: Das neue Telescopium Lilienthal von 2015

000-lilienthal-arno schmidt-ernst schulze-4_20fuss_Reflector_at_Lilienthal

Telescopium Neutomanum XXVIIpedum constructum Lilienthalis 1793

Die Gründung der „Astronomischen Gesellschaft“ an der Sternwarte Lilienthal

Am 20. September 1800 erfolgte in Lilienthal bei Bremen die Gründung der Astronomischen Gesellschaft, der ersten Vereinigung dieser Art überhaupt. Gründungsmitglieder waren der Leiter der Sachsen-Gothaschen Sternwarte Franz Xaver von Zach , Ferdinand Adolf von Ende aus Celle, Senator Johann Gildemeister aus Bremen, Heinrich  Wilhelm Olbers aus Bremen, Karl-Ludwig Harding  und schließlich der Hausherr Johann Hieronymus Schroeter in Lilienthal .

Ziel der neuen Gesellschaft war es, einen zwischen Mars und Jupiter vermuteten, aber noch nicht entdeckten Planeten aufzufinden. Zusätzlich wurden dazu noch am Gründungstage aus ganz Europa 18 weitere bekannte Astronomen zu Mitgliedern berufen. Zur Erreichung des Zweckes wurden die Sternbilder der 12 Tierkreiszeichen, durch welche sich die Planeten im Laufe eines Jahres um die Sonne bewegen, auf die 24 Astronomen aufgeteilt mit der Auflage, durch ständige Kontrollen und Aufzeichnungen nach einem evtl. Fremdling Ausschau zu halten. Der Italiener Piazzi war eines jener 18 korrespondierenden Mitglieder, und so wird die Entdeckung des Ceres am 1. Januar 1801 der erste Erfolg der „himmlischen Polizey“, wie die Gruppe alsbald genannt wird.

00-lilienthal-schroeter-sternwarte-fragmente-arno schmidt-massenbach-cellensia-selenograph

Arno Schmidts „Lilienthal 1801, oder die Astronomen“

Die Geschichte zur Entstehung dieses ungeschriebenen Buchs beschreibt Bernd Rauschenbach, wie folgt:

“ Im Februar 1956 verabredet Arno Schmidt mit seinem neuen Verleger Ernst Krawehl die Herausgabe eines Sammelbandes: Die Erzählungen Kosmas, Alexander, Seelandschaft, mit Pocahontas und Die Umsiedler sollen darin aufgenommen werden, sowie ein noch zu schreibender Text Lilienthal, ( ….. ) 20 Jahre später, im März 1976, nennt Arno Schmidt Zettel’s Traum eine »bloße Hand­übung« für sein als 4-Spalten-Buch konzipiertes Hauptwerk Lilienthal 1801, oder Die Astronomen, zu dem er aber nicht mehr kommen werde. […]

Zwei Jahre vor Arno Schmidts Tod scheint Lilienthal plötzlich noch einmal in den Bereich des Möglichen zu rücken. Am 14.6.1977 bietet Jan Philipp Reemtsma Schmidt eine bedeutende finanzielle Unterstützung an, die Schmidt von sich aus, ohne daß Reemtsma das Werk nennt, sofort auf Lilienthal bezieht. Nach zwei Tagen Bedenkzeit akzeptiert Schmidt die Unterstützung und teilt Reemtsma seinen Entschluß mit, 1979 (also nach Fertigstellung seines in Arbeit befindlichen Romans Julia) die Arbeit an Lilienthal wieder aufnehmen zu wollen: 1500-1600 vierspaltige DIN A 3-Seiten werde es bekommen.“

000-arno schmidt am grab von j.h. schroeter in lilienthal

Arno Schmidt am Grab von J.H. Schroeter in Lilienthal  (Foto: Heimatverein)

Und weiter schreibt Bernd Rauschenbach:

„Auf einem Zettel hat Arno Schmidt festgehalten, wann ihm die Idee kam, einen Roman über die Lilienthaler Sternwarte zu schreiben: am Abend des 13.4.1955. Doch diente Lilienthal ihm schon vorher, spätestens ab Oktober 1949 während der Massenbach-Niederschrift, als Ort poetischer Invention-: Wie oben dargelegt, handelt es sich beim  bereits in der Revue erwähnten Besuch Massenbachs in Lilienthal mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Fiktion Schmidts.“

Bernd Rauschenbach: Das übernächste Buch. In: Arno Schmidts Lilienthal 1801, oder Die Astronomen.1996.

000-lilienthal-arno schmidt-St.Juergen-außen

Hier hatte sich einst Arno Schmidt als Küster beworben: St. Jürgen bei Lilienthal

Daß Arno Schmidt diesen Auftritt des preußischen Obristen Christian von Massenbach in Lilienthal inszeniert ist verständlich. Hatte er seine  Arbeit zu dem Lilienthal-Komplex  ja bereits detailliert als sein Opus Magnum angekündigt; 1400 bis 1600 Seiten sollte es umfassen bei einem vierspaltigen Satz. Und wem das noch nicht genügte und von Umfang und Bedeutung dieses Werkes überzeugte, dem ruft er hinterher:  der 1300  dreispaltig gesetzte Seiten starke Zettels Traum sei lediglich eine  „bloße Handübung“  für Lilienthal oder die Astronomen gewesen. Zettels Traum als bloße Handübung – whow !

Es ist wohl anzunehmen, daß sich dieses ambitionierte Großprojekt nicht allein mit der Sternwarte in Lilienthal beschäftigt hätte; der von Schmidt bereits skizzierte Auftritt von Massenbach an der Sternwarte in Lilienthal verfolgte erkennbar den Zweck, die schillernde Figur des preußischen Militärs, den ja Schmidt bereits in der  Massenbach Revue  (enthalten in Belphegor und dort 1961 erstmals veröffentlicht) ausgiebig und teils geradezu euphorisch  gewürdigt hatte, in den Lilienthal-Komplex zu integrieren.

Christian von Massenbach, ein erklärter Europäer und Verfechter einer Allianz mit Napoleon gegen Rußland, sollte in dem geplanten großen Dialogroman seine pro-europäische Position, die auch die Position des Autors war, deutlich vertreten. Schmidt hatte ja bereits betont, daß er Massenbach als einen ihm verwandten Charakter einstufte: melancholisch-cholerisch, sich mit Mathematik befassend, schreibend etc.

Das wäre er dann wohl gewesen: Massenbach als  das alter ego des Autors Arno Schmidt.

Arno Schmidt zu Massenbach:

„So begegnete auch ich während weitgespannter, einem anderen gleich vernachlässigten Thema  dienender Untersuchungen, der mächtigen Gestalt Christians von Massenbach; ich fand mich ihm ähnlich in Vielem: Temperament melancholisch-cholerisch; Rücksichtslosigkeit in geistigen Dingen; Verfasser mathematischer Werke – Offizier zu werden habe ich allerdings verweigert, obwohl sich Herr Fremy aus Hattingen an der Ruhr, damals Major und einer meiner vielen Vorgesetzten, keine Gelegenheit, mich mit Gewalt dazu pressen zu wollen, entgehen ließ. Immerhin war ich 6 Jahre lang Zwangssoldat und POW, so daß ich auch in dieser Hinsicht die notwendigen Hilfswissenschaften beherrsche. – Im Laufe meiner Untersuchungen, vor allem, je mehr mir die unglaubliche Vernachlässigung und Verkennung des Gegenstandes auffiel, wurde mir dieser in solcher Konsequenz erste Europäer dergestalt, merkwürdig – brüderlich vertraut, bekenne ich -, daß ich versuchen will, sein Gedächtnis auch unter Anderen zu erneuern.“ (Belphegor)

Christian von Massenbach war als Stabschef dem Kommando  des Fürsten Friedrich-Ludwig zu Hohenlohe unterstellt, als die preußischen Armeen am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auerstedt trotz Überzahl im Kampf gegen Napoleons modernere Streitkräfte  jene verheerenden Niederlagen erlitten, welche am 28. Oktober mit der Kapitulation von Prenzlau das Ende Preußens einläuteten. Massenbach wurde von vielen Seiten eine falsche Einschätzung der militärischen Lage vorgeworfen.

Christian von Massenbach hat sich mit seinen publizierten Historischen Denkwürdigkeiten, Gallerie Preußischer Charaktere und Erläuterungen  gegen diese  Vorwürfe zur Wehr gesetzt, blieb aber als erklärter Verfechter einer deutsch-französischen Allianz unter Bonaparte, also einer „europäischen“ Idee gegen Russland immer ein Außenseiter in Preußen.

»Ich fürchtete von je her Rußlands Unterjochungsgeist: dieser Geist gleicht einem Strome, der von den Iwanen ausgeht, und nun keine Ufer mehr kennt. Kein Jahrhundert vergeht, und die Russen belagern Straßburg und Mainz; Europa wird eine Wüste und Amerika tritt an dessen Stelle, setzt ihnen Bonaparte nicht einen Damm entgegen.«

(Arno Schmidt: Massenbach/Historische Revue. in: Schmidt, Belphegor, 310 – 453, hier 356 Taschenbuch: Tina, 89 – 175)

Schon in der Gelehrtenrepublik lässt Arno Schmidt dieses Massenbach-Zitat von seinem Protagonisten Charles Henry Winer erwähnen; daher dürfte auch die erwähnte “ vierte Spalte“ im Lilienthal-Text für den „ersten Europäer“ Christian von Massenbach bestimmt gewesen sein und die Massenbach-Revue von 1961 für Schmidt nicht mehr als eine kleine Skizze dazu. Vierhundert Notizzettel hatte der Autos überdies  gesammelt.

Ob Arno Schmidt auch in diesen Dialogroman, wie bereits in Zettels Traum oder Abend mit Goldrand, sein all(es)=wissendes, dozierendes alter ego eingeführt hätte, kann man bezweifeln. Diese Gespräche in Lilienthal unter Beteiligung vom Schroeter, Massenbach, Olbers, Bessel, Gauss und Harding hätten im Jahre 1801, dem Zeitpunkt des Besuchs Massenbachs in Lilienthal stattgefunden; sowohl der politische Europäer als auch die dozierenden Astronomen waren  an der Sternwarte in Lilienthal bereits versammelt; die Ergebnisse und Erlebnisse bei der Beobachtung des Venus-Transits von 1769 an diversen europäischen Sternwarten prägten somit  die andee Seite der Europamedaille und boten damit die Voraussetzungen für einen großen Europadialog, wie er Schmidt vorschwebte. Das Thema war ja auch noch in den Siebzigerjahren auf der politischen Tagesordnung.

Der Historiker Hans-Werner Engels zu Arno Schmidt:

Schmidt neigt überhaupt dazu, da er Geschichte in Bildern konzentrieren will, die Chronologie recht stiefmütterlich zu handhaben. So besuchte zwar Friedrich Wilhelm III. die Truppen bei Petershagen (in der Nähe von Minden), konnte dort aber nicht den Prinzen Louis Ferdinand tadeln, weil der noch gar nicht zu seinen Eskapaden nach Hamburg und Altona aufgebrochen war. Die Äußerungen des Königs, die Schmidt dialogreif macht: „Mir ist angezeigt worden, daß Euer Liebden sich schon seit geraumer Zeit öfters in Hamburg aufhalten […], datieren vom 13. Januar 1800.

Für Massenbachs Besuch bei dem Liebhaber-Astronomen Heinrich Wilhelm Matthias Olbers (7. Bild der Revue)  fand sich keine Quelle. Es scheint sich bei dieser Szene um eine Liebhaberei eines Schriftstellers zu handeln, der den Naturwissenschaften huldigt, wenn es nicht das erste Ergebnis der Jahrzehnte langen Beschäftigung Schmidts mit dem Schroeter-Lilienthal-Komplex ist. Selbst wenn diese Begegnung stattgefunden haben sollte, so bleibt dies Treffen für die Lebensbahn des preußischen Militärs bedeutungslos.

In der Fabulierszene Fenstereinwurf bei Haugwitz (1806) wird erwähnt, daß sich das preußische Königspaar an eben jenem Tage, als Louis Ferdinand randaliert haben soll, mit dem russischen Zaren Alexander in der Gruft Friedrichs II. getroffen haben soll. Diese spektakuläre Grabszene fand aber schon im November 1805 statt. Wenn dann z. B. die Karlsbader Beschlüsse (1819) mit Massenbachs Verhaftung in Verbindung gebracht werden (1817), so zeigt dies erneut, daß man mit der Lektüre der Revue kein Geschichtsexamen bestehen kann.“

Weiteres zu Lilienthal:

Georg Heinrich Olbers und Ernst Schulze – Der Briefwechsel

Der romantische Dichter Ernst Schulze aus Celle pflegte einen jahrelangen, engen Briefkontakt mit seinem Freund Georg Heinrich Olbers

Der Bremer Arzt und Astronom Heinrich Wilhelm Olbers ( 1758 – 1840 ), Mitbegründer der „Astronomischen Gesellschaft“ in Lilienthal im Jahre 1800, hatte einen Sohn Georg Heinrich Olbers  ( 11.8.1790 – 1861 ) der von Karl-Ludwig Harding, ebenfalls Mitglied der „Astronomischen Gesellschaft“, unterrichtet wurde. Georg Heinrich Olbers verbrachte seine Kinderjahre in Bremen, wo er zunächst privat Elementarunterricht erhielt. Anschließend besuchte er die lutherische Domschule in Bremen. In seiner Jugendzeit interessierte er sich sehr für Literatur (insbesondere schwärmte er für Schiller) und für das Schauspiel. So war er in seiner Jugend in einem literarischen Zirkel tätig und betätigte sich als Schauspieler.

Auf der Sommerreise seiner Familie nach Rehburg 1804 lernte er den Schriftsteller Ernst Schulze  (1789-1817) aus Celle kennen, mit dem er bis 1809 in jahrelangem regem Briefwechsel stand. Ein bedeutendes Thema ihres Briefwechsels war das literarische Schaffen der Briefpartner, die sich auch gegenseitig ihre Werke zuschickten. Schulze ermutigte Olbers zum Schreiben von Gedichten und Prosa. In seinen Gedichten drückte dieser oft die melancholische Stimmung aus, in der er sich während der Jugendjahre und im jungen Erwachsenenalter befand.

Briefwechsel Ernst Schulze mit Georg Heinrich Olbers in Lilienthal:

https://elib.suub.uni-bremen.de/edocs/00105281-1.pdf

Der Celler Dichter Ernst Schulze studierte seit 1806 in Göttingen Philologie. Ernst Schulze war schon durch seine romantische Dichtung bekannt und populär geworden. Goethe nannte ihn „den jungen Wohlklang„, Franz Schubert hatte einige seiner Gedichte vertont.

In Olbers’ Briefen dieser Zeit an Ernst Schulze wird der große Wunsch deutlich, den Freund aus Celle beim eigenen Studium in Göttingen wiederzusehen. Als er 1809 jedoch nach Göttingen ging, war die Freundschaft bereits erkaltet: Georg Heinrich Olbers lehnte es in Göttingen ab, mit Schulze in Verbindung zu treten. Dies war nicht seine letzte Freundschaft, die zerbrechen sollte: Wilhelm Olbers Focke schreibt von Olbers’ „überspannte[n] Begriffe[n] von Freundschaft und unerfüllbare[n] Anforderungen an seine Freunde“.

Im Frühjahr 1812 begleitete Georg Olbers seinen Vater Wilhelm Olbers, der als Vertreter der Stadt Bremen nach Paris reise, in die französische Hauptstadt. Auf Wunsch seines Vaters trat er dort in den französischen Staatsdienst ein. Seit dem 04.06.1812 arbeitete er infolge eines Dekrets Napoleons als Staatsauditeur (Beisitzer beim Gericht) im Ministerium des Inneren.

Am 14.11.1823 war Georg Heinrich Olbers Gründungsmitglied des bürgerlichen Bremer
Kunstvereins. Er wurde in einem späteren Bericht des Kunstvereins neben dem Senator
Klugkist und dem Kaufmann Johann Heinrich Albers als ein Gründungsmitglied
hervorgehoben, dessen Kupferstichsammlung mit in den Fundus des Vereins eingegangen sei. Auch gehörte er zu den Gründern der ersten Bremer Theatervereine.
 
000-lilienthal-brief - georg friedrich olbers an gauss-1840
 
Erhaltener Brief von Georg Heinrich Olbers an Carl Friedrich Gauss vom 3. März 1840
_________________________________________________________________________________________
Abbildungen: wikipedia